Neues Gesetz formuliert Leitlinien für erfolgreiche Integrationsarbeit

28.08.2019

Tobias Kochs Rede zum Gesetz zur Integration und Teilhabe.

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

in der letzten Legislaturperiode hatte die CDU-Fraktion ein Integrationsgesetz in den Landtag eingebracht, das deutliche Ähnlichkeiten mit dem bayerischen Integrationsgesetz aufwies.

Nun haben wir in den vergangenen Wochen beim Thema Grunderwerbsteuer durchaus erlebt, dass sich auch andere Fraktionen ein Vorbild an Bayern nehmen. Insofern muss der damalige Ansatz der CDU-Landtagsfraktion nicht grundlegend verkehrt gewesen sein.

Ganz klar ist aber auch, dass sich ein gemeinsamer Entwurf von CDU, Grünen und FDP für ein Integrations- und Teilhabegesetz, wie wir es heute in den Landtag einbringen, an der ein oder anderen Stelle von dem bayerischen Vorbild unterscheiden wird.

Das macht im Übrigen den Wert dieses Entwurfes aus: Er ist eben nicht die bloße Positionsbestimmung einer einzelnen Partei, sondern dieser Entwurf steht auf einer breiten gesellschaftlichen Basis.

Das ist es, was Jamaika immer wieder auszeichnet: Nämlich trotz aller politischen Unterschiede gemeinsame Lösungen zu finden!

Gerade bei einem so sensiblen Thema wie der Integrationspolitik ist das schon ein großer Wert an sich, wenn hier ein gesellschaftlicher Konsens gelingt, der politischen Streit und Konfrontation vermeidet.

Gemeinsam ist beiden Entwürfen, dass es sich um ein Gesetz nicht nur für Migrantinnen und Migranten handelt, sondern für alle Menschen, die in Deutschland leben.

Im CDU-Entwurf hieß es: „Dafür sind Anstrengungen des Staates und der Gesellschaft, aber auch der Migrantinnen und Migranten selbst notwendig.“

Im Jamaika-Entwurf sprechen wir jetzt von „Integration als gesamtgesellschaftlichem Prozess, der durch die Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützt wird.“ An dieser Stelle also Übereinstimmung.

Wenn im früheren CDU-Entwurf neben der Integrationsförderung auch von einer Integrationspflicht die Rede war, so findet sich dieser Gedanke in sprachlich etwas abgeschwächter Form nun auch im Jamaika-Entwurf wieder. Dort heißt es jetzt:

„Das Engagement und der Wille zur Integration und Teilhabe werden erwartet.“

Dann gab es im CDU-Entwurf noch den Begriff der Leitkultur, denn dort hieß es:

„Der Staat fördert an der Leitkultur der Grundwerte ausgerichtete Angebote.“

Aber auch da muss ich sagen, wenn jetzt im Jamaika-Entwurf das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung verlangt wird, dann ist das inhaltlich identisch, nur eben etwas anders formuliert.

Trotzdem wird man insgesamt wohl feststellen müssen, dass der Jamaika-Entwurf bei dem Zweiklang von „Fördern und Fordern“ stärker auf das Fördern ausgerichtet ist.

So ist die Forderung nach Rückerstattung von Sprachkurskosten für den Fall des selbst verschuldeten Misserfolges beim Erlernen der deutschen Sprache jetzt nicht mehr Bestandteil des Gesetzentwurfes. Allerdings war das auch schon damals der strittigste und sicherlich am schwierigsten umzusetzende Punkt im CDU-Gesetzentwurf.

Dafür findet sich im jetzigen Jamaika-Entwurf ein anderer Aspekt, der in der Praxis viel wichtiger sein dürfte: die Zielsetzung, den herkunftssprachlichen Unterricht unter staatliche Aufsicht zu stellen.

Diese Forderung zielt unmittelbar auf die Praxis des Konsulatsunterrichts des türkischen Staates ab, die es nach der gemeinsamen Vorstellung der Jamaika-Partner zu beenden gilt.

Auf drei weitere Punkte, die im Jamaika- Entwurf nicht mehr enthalten sind, möchte ich jetzt noch gesondert eingehen:

Das ist erstens der Paragraf 4 im CDU-Entwurf zur Durchsetzung der Ausreisepflicht. Die darin enthaltene Forderung nach einer Abschiebe-haftanstalt haben wir zwischenzeitlich mit dem Abschiebehaftgesetz erfolgreich umgesetzt, so dass sie im Integrationsgesetz nicht erneut formuliert werden muss.

Zweitens gab es im CDU-Gesetzentwurf die Forderung nach einem Sprachtest im Jahr vor der Einschulung, um bei unzureichenden Sprachkenntnissen bereits vor Schulbeginn Fördermaßnahmen einleiten zu können.

Das ist genau die Diskussion, die in der Sommerpause nach den Äußerungen von Carsten Linnemann öffentlich geführt wurde.

Ich bin unserer Bildungsministerin Karin Prien sehr dankbar, dass sie einem Grundschulverbot eine klare Absage erteilt hat, sich aber gleichzeitig für ein solches Modell aus frühzeitigem Sprachtest in Verbindung mit anschließenden Fördermaßnahmen ausgesprochen hat. Die entsprechenden Regelungen sind dafür aber im Schulgesetz besser aufgehoben als im Integrationsgesetz.

Dritter und letzter Punkt ist das Finanzierungs-thema. Als Opposition hatten wir den Entwurf unseres Integrationsgesetzes auch dazu genutzt, um die Vorgängerregierung mit finanziellen Forderungen für eine Integrationspauschale unter Druck zu setzen.

Genau das macht deutlich, weshalb solche Finanzierungsfragen tunlichst von den Inhalten eines Integrationsgesetz getrennt werden sollten.

Das Integrations- und Teilhabegesetz hat zu allererst die Aufgabe, die Leitlinien für erfolgreiche Integrationsarbeit in Schleswig-Holstein zu formulieren. Diese sollten möglichst unstrittig sein, um eine größtmögliche Akzeptanz zu erreichen. Konkrete Finanzierungsfragen sind hier deshalb fehl am Platz.

Abschließend will ich allen Kritikern, denen der Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle nicht weit genug geht - oder umgekehrt: denen die jetzigen Formulierungen schon viel zu weitgehend sind, zurufen:

Integration wird nur bei einem breiten gesellschaftlichen Konsens gelingen.

Das hinzubekommen ist die entscheidende Herausforderung für die Politik. Und genau das haben CDU, Grüne und FDP mit ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf erfolgreich unter Beweis gestel